Tierarztpraxis
Dr. Fenske

14. März 2019

Hausgans Charlie

Neulich kam Hausgans Charlie – ein Ganter- mit seiner Besitzerin in die Praxis. Er wurde von ihr als Jungvogel aufgezogen und ist extrem zahm und lieb.
Gänsebisse können wegen der spitzen Hornfortsätze im Schnabel ganz schön wehtun. Darüber brauchten wir uns bei Charlie zum Glück keine Gedanken zu machen, er versuchte es nicht einmal.

Hausgans Charlie auf Fußboden

Hausgans Charlie ging es nicht gut

Er war schlapp, mochte weder Fressen noch Laufen und hielt die Augen zumeist geschlossen.

Die allgemeine Untersuchung ergab zunächst keine auffälligen Befunde. Deshalb entschieden wir uns für ein Röntgenbild, um auszuschließen, dass Charlie einen Fremdkörper aufgenommen hatte. Gänse fressen gerne Steine und Metallstücke wie Nägel, die sie am Boden finden. Zum Glück war der Röntgenbefund in Ordnung. Allerdings hatte er viel Sand im Muskelmagen.

Vögel fressen gerne Sand und Steinchen, wenn sie Bauchschmerzen haben.

 

Hausgans Röntgenbild VD
Röntgenbild (ventrodorsal)
Hausgans Röntgen LL
Röntgenbild (latero-lateral)

 

Wir entnahmen Blut aus der Flügelvene – ziemlich ungewohnte Größenverhältnisse, wenn man das sonst bei Wellensittichen macht ;-). Die Ergebnisse der Blutuntersuchung zeigten erhöhte Globuline, was auf einen Entzündungsprozess im Körper hinweist. Die restlichen Organwerte waren in der Norm.  Die Auszählung der einzelnen Blutzellen ergab eine leicht erhöhte Anzahl der Heterophilen (weiße Blutzellen, die sich bei bakteriellen Infektionen erhöhen).

Vogelblut muss unter einem Mikroskop per Hand ausgezählt werden. Automatische Blutanalysgeräte, wie wir sie beim Säuger benutzen, funktionieren hier nicht, weil die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) der Vögel – im Gegensatz zum Säugetier – kernhaltig sind.

 

Hausgans Blutbild
Blutbild mit kernhaltigen Erythrozyten (Quelle: avian & exotic animal hematology & cytology – Campbell &Ellis)

 

Aufgrund der Ergebnisse bekam Charlie ein Antibiotikum und Vitamine. Laut seiner Besitzerin hat er sich gut erholt und ist wieder fit.

 

Informationen zu Gänsen

Gänse gehören zu den Entenvögeln. Unsere heutigen Hausgänse wurden aus der hier heimischen Graugans domestiziert. Während diese als Zugvögel fliegen können, hat die Hausgans ihre Flugfähigkeit eingebüßt. Dafür ist sie ein guter Spaziergänger und Schwimmer.

Die Gans liegt voll im Trend und ernährt sich vegan von Pflanzen (Gräser und Samen). Wohingegen die Jungtiere (Gössel -wie ich finde ein sehr niedlicher Name) auch Insekten fressen.

Gänse leben in Gruppen. Sie sind etwas altmodisch. Der Nestbau und das Brutgeschäft ist allein Frauensache. Ganz anders bei Schwänen, die lebenslang monogam leben und  bei denen die Gleichberechtigung Einzug gehalten hat: beide kümmern sich um den Haushalt und die Kindererziehung.

Gänsevögel sind sehr gesellig und kommunizieren viel miteinander. Sie sind schlau und lernen schnell. Außerdem besitzen sie ein gutes Gedächtnis.

 

Geschichte

Im Altertum waren Gänse heilige Tiere, was die Römer und Griechen allerdings nicht davon abhielt, sie zu verspeisen. Beim Überfall des Kapitols in Rom durch die Gallier, alarmierten die Gänse durch ihr Geschrei die Wachmannschaften und konnten den Angriff somit vereiteln.

 

Die eierlegende Wollmilchsau

Auch heute noch werden Gänse vereinzelt  als „Wachgänse“ eingesetzt.

Gänseeier sind eine Delikatesse am Niederrhein. Die Daunen dienen zur Fütterung von Kissen und Jacken.

Das Hauptnutzungsgebiet ist jedoch die Mast. Gänse erreichen je nach Mast-Art nach 2-8 Monaten ein Schlachtgewicht von 5-7 kg.

 

Charlie braucht sich um seine Körperfülle keine Gedanken zu machen. Er wird niemals im Bräter landen, sondern hoffentlich nach einigen Jahrzehnten glücklich und zufrieden an Altersschwäche sterben.

 

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